Erna Dinklage.................
...Frühwerk 1920-1940 (Neue Sachlichkeit) - Spätwerk 1970-1990 (Arte Cifra).............................

 

 

Frühwerk (Neue Sachlichkeit – magischer Realismus 1918 – 1940)

Der folgende Text stützt sich auf den Essay "Dunkler Traum und Verheißung" von Dr. Armin Zweite, vormals Direktor der Münchner Lenbachgalerie, jetzt der Brandhorst Sammlung in München.
Dr. Armin Zweite schrieb diesen differenzierten Essay 1989 für einen Katalog der Erna Dinklage, anlässlich der Ausstellung ihrer Ölgemälde in der Aspekte-Galerie im Gasteig - München. Dr. Zweite ist mit den verschiedenen Schaffensperioden im Werk von Erna Dinklage auf Grund häufiger Besuche im Atelier der Künstlerin und in Kenntnis ihrer Ausstellungen sehr gut vertraut.
Die Aufzeichnung eines Gesprächs der Künstlerin mit Frau Dr. Anna Jutta Pietsch (Kuratorin der Aspekte-Galerie) und ein Erinnerungsbericht Erna_Dinklages von ihrer ersten Begegnung mit dem Maler Georg_Schrimpf sind im gleichen Katalog nachzulesen.

In Anlehnung an diesen Essay von Dr. Armin Zweite schrieb Helga Nitsche, Tochter der Künstlerin den folgenden Text.
Auch die Würdigung des graphischen Werkes, wie das der Aquarelle der Erna_Dinklage, wurde von Helga_Nitsche geschrieben.


 

 

Besprechung


Einleitend einige Auszüge aus Besprechungen zum Frühwerk der Erna_Dinklage

Im "Zweijahrbuch der Juryfreien 1929/30" stellte der Kunsthistoriker Hans Eckstein die Malerin Erna_Dinklage in eine Reihe mit den Malern Joseph Scharl und Rudolf Ernst.

Dr. Wilhelm Hausenstein (Kunsthistoriker, Kritiker, Literat, deutscher Botschafter in Paris) würdigte 1930 die Künstlerin in der Süddeutschen Tagespost: " ...ich habe zu diesem Talent Vertrauen...hier ist eine gute Kraft des jüngeren München, und ihre Zukunft wird uns, so hoffe ich zuversichtlich, nicht minder beschäftigen als ihre anziehende Gegenwart."

1948 schrieb Wilhelm Hausenstein: "...ich kenne die künstlerische Tätigkeit von Erna_Dinklage seit vielen Jahren von öffentlichen Ausstellungen wie auch als Kritiker in ihrem Atelier. Ich halte Frau Dinklage für eine sehr ernste Malerin, eine Künstlerin von erheblichem, nicht gewöhnlichem Rang .... ."

Der Dichter Hans Carossa 1930 in einem Brief an die Künstlerin: "...schon der "Irrenarzt" in der Kunstzeitschrift "Jugend" machte mir einen so tiefen Eindruck, dass sich der starke Wunsch regte, einmal mehr von Ihrer Hand zu sehen... ."

R.B., Rezensent der "Münchner Zeitung", schrieb 1930: " Ein Bild der Erna_Dinklage ist für mich manchmal das eigentliche Erlebnis einer ganzen Ausstellung. Vor allem kommt diese Wirkung von ihren wundervollen Gartenbildern, die man wie gemalte Musik empfindet. ... Hier scheint der Primitivismus der "Neuen_Sachlichkeit" zu solcher Ausdruckskraft und Reinheit geläutert, dass man sich dem Genuss dieser Bilder ganz hemmungslos hingeben kann."


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Äusserst bedauerlich ist es, dass nahezu das gesamte Oeuvre von Erna Dinklage, soweit es im Stile der "Neuen_Sachlichkeit" entstanden war, zum Ende des Zweiten Weltkrieges beim Einmarsch der Russen verloren ging.
Auch unter Hitlers Diktat der "Entarteten Kunst" wurden ihre Bilder aus den Museen entfernt und gingen verloren.

Die Gemälde "Winterlandschaft" und "Hirtin", 1925 bzw. 1926 datiert, zählen zu den wenigen geretteten Bildern aus der Frühzeit.
Beide Arbeiten befinden sich in der Städtischen Galerie im Lenbachhaus.
Erhalten geblieben sind ferner noch drei Aquarelle, die sich im Besitz der Familie der Künstlerin befinden.
Die übrigen Ölbilder der "Neuen Sachlichkeit" von Erna Dinklage die hier aufgeführt werden, sind leider nur als Photographien zugänglich.

Ermutigt durch ihren Vater, den Landschaftsmaler Paul Crodel, begann Erna Dinklage 1913 eine malerische Ausbildung an der Kunstgewerbeschule in Berlin, gab diese jedoch enttäuscht bald wieder auf, da der Unterricht sie eher lähmte und ihre Begabung nicht förderte.

Wieder in München lernte sie den Maler Georg Schrimpf kennen, dessen Bilder sie sehr schätzte.
Er führte sie in die Münchner Welt der Kunst ein.
In dieser Zeit lernte Erna Dinklage viele Künstler kennen, die ihr Werk beeinflussten, unter anderen Thomas_Mann, Claus_Mann, Knut_Hamsun, Edzard_Schaper (Portrait), Joachim_Ringelnatz, Oskar_Maria_Graf (Doppelportrait mit Georg_Schrimpf) und vor allem den Schweizer Philosophen Max_Picard, den sie bewunderte und portraitierte.


In dieser Phase verraten Erna Dinklages Gemälde eine stark formbetonte Auffassungsweise, in der sich ein Zug ins Poetische, Verklärende und auch Naive bemerkbar macht, wie es das Bild "Hirtin" zeigt. Ihr Formenrepertoir verbindet sich mit einem leuchtenden Kolorit und taucht die Motive in eine Sphäre des Verzauberten.
Besonders deutlich wird dies in den zahlreichen Portraits der Künstlerin, wie z.B. in den Portraits "Edzard_Schaper" (1930), "Freundin Dora_König mit_Mutter", und dem Doppelportrait "Oskar_Maria_Graf und Georg_Schrimpf".
Auf das streng komponierte "Dreierportrait" sei besonders verwiesen: Im Zentrum Vater Paul_Crodel, links die Malerin Erna_Dinklage und rechts ihr ältester Sohn Gideon, den sie immer wieder in bezaubernden Kinderportraits festhielt.
Das Portrait "Gideon mit Apfel" erschien auf der Titelseite der damals wichtigsten Kunstzeitschrift "Jugend".
"Gideon mit Bernhardle Kieser" und "Gideon mit Katze" fangen hinreißende Kinderaugenblicke ein.

Franz Roh, der über Deutschlands Grenzen hinaus beachtete, in München lebende Kunsthistoriker und Kritiker, kannte Erna_Dinklages Arbeiten von Atelierbesuchen und Ausstellungen ebenfalls gut. Er prägte damals im Zusammenhang mit ihren Bildern den Begriff "Magischer_Realismus", der in München vorherrsche, im Gegensatz zu der "Neuen Sachlichkeit" in Berlin und Dresden. Deren Künstler, wie z. B. Otto Dix und Felixmüller klagten die sozialen Gegensätze und Ungerechtigkeiten der Gesellschaft an.

Zusammenfassend kann man erkennen, dass der Künstlerin Erna Dinklage in der Epoche der "Neuen Sachlichkeit" nicht nur die beklemmenden Visionen Edgar_Endes und das soziale Pathos von Joseph_Scharl und Felixmüller fern lagen, sondern dass sie sich auch vom münchner Stil eines bukolischen und befriedeten "Magischen_Realismus" eigenwillig, interessant und verzaubernd abhob.